Einen „heißen Herbst im Kampf ums Geld“ erwartet Nordfrieslands CDU in der Auseinandersetzung über die Neuordnung des kommunalen Finanzausgleichs.
Der Gesetzentwurf der Landesregierung wird zurzeit in den Gremien des Schleswig-Holsteinischen Landtages beraten und soll im November beschlossen werden. Die CDU im Kreisverband Nordfriesland sieht in den Kieler Regierungsplänen einen „Anschlag auf die Interessen der ländlichen Regionen im Land“ und wirft der SPD-geführten Landesregierung sowie insbesondere Innenminister Breitner vor, mit diesem Gesetzentwurf kommunale Interessen insgesamt zu verraten.
CDU-Kreisvorsitzender und Bundestagsabgeordneter Ingbert Liebing, MdB, die nordfriesischen Landtagsabgeordneten Astrid Damerow, MdL, und Klaus Jensen, MdL, sowie der Vorsitzende der CDU-Kreistagsfraktion Tim Hanke nahmen jetzt in einem Pressegespräch Stellung zu den Kieler Regierungsplänen und zeigten die Auswirkungen auf den Kreis Nordfriesland auf. Auf der Basis der Vergleichszahlen für 2014 würde der Kreishaushalt mit 7,3 Mio. Euro jährlich belastet werden. Unter Berücksichtigung der Umschichtungen an die kreisangehörigen Städte und Gemeinden in Höhe von 3,4 Mio. Euro verbleibt immer noch ein Defizit für Nordfriesland in der Größenordnung von 3,9 Mio. Euro. Dieses Geld will die Landesregierung zu den vier kreisfreien Städten Kiel, Lübeck, Neumünster und Flensburg umschichten. Insgesamt würde der ländliche Raum in Schleswig-Holstein 23 Mio. Euro verlieren, die zu den kreisfreien Städten umgeschichtet werden.
CDU-Chef Ingbert Liebing hielt der Landesregierung insbesondere vor, dass sie mit ihrem Gesetzentwurf gegebene Wahlversprechen bricht. So hatten einst Ministerpräsident Albig und die Kieler Koalitionsfraktionen vor der Wahl versprochen, die bisherige Kürzung des kommunalen Finanzausgleichs um 120 Mio. Euro zu beenden. „Tatsächlich geschieht das Gegenteil. Die bisher jährlich neu beschlossene Kürzung wird jetzt in das System des Finanzausgleiches durch eine prozentuale Kürzung einbezogen. Damit wird sie auf Dauer fortgeschrieben und als prozentualer Abzug sogar jährlich erhöht, wenn die Ausgleichsmasse insgesamt steigt. Versprochen – gebrochen ist das Markenzeichen dieser Kieler Regierungspolitik“, kritisierte Ingbert Liebing.
Zugleich hielt Liebing der Landesregierung vor, dass sie Gelder, die der Bund nach Schleswig-Holstein überweist, um den Kommunen zu helfen, nicht vollständig weiterleitet. So leite die Finanzministerin ca. 50 Mio. Euro aus den Bundesmitteln für die Grundsicherung im Alter an die Landeskasse um. Damit werde die Finanzausstattung der Kommunen insgesamt, der ländlichen Regionen wie der Städte, zu klein. Den besonders stark verschuldeten kreisfreien Städten helfe diese Politik nicht, aber sie schade den ländlichen Regionen.
Die beiden CDU-Landtagsabgeordneten Damerow und Jensen hielten insbesondere Innenminister Breitner vor, dass er seinen eigenen Zielsetzungen nicht gerecht werde. So hatte er als Ziel ausgegeben, Gelder sollten dorthin fließen, wo auch die Aufgaben wahrgenommen würden. Dies seien die Städte und zentralen Orte. Tatsächlich seien gerade die ländlichen Zentralorte die Verlierer der Landespolitik.
Ländliche Zentralorte wie Garding, Neukirchen, St. Peter-Ording, Süderlügum oder Viöl würden alle Geld verlieren, während andere bereits finanzstarke Kommunen noch mehr Geld erhalten. Norderfriedrichskoog mit seinen 43 Einwohnern bekomme 658.000 Euro zusätzlich, genauso viel wie die Kreisstadt Husum mit über 20.000 Einwohnern. Auch Kampen solle 263.000 Euro mehr bekommen, die Gemeinde Reußenköge 295.000. Damit würden sie auf ein Vielfaches der durch-schnittlichen Finanzkraft je Einwohner angehoben. Damerow und Jensen bezeichneten die als „Absurdistan pur“.
Kreistagsfraktionschef Tim Hanke zeigte die Konsequenzen auf, die zu erwarten sind, wenn mit dem Gesetzentwurf eine Lücke in den Kreishaushalt von 7,3 Mio. Euro gerissen wird. Angesichts von 44 Mio. Euro Kreisschulden und einem Haushalt, der schon jetzt auf Kante genäht sei, könne dieser Betrag nicht aus dem laufenden Haushalt erwirtschaftet werden. „Schmerzhafte Eingriffe werden die Folge sein. Nicht nur überflüssige, sondern auch sinnvolle und notwendige Maßnahmen werden dann nicht mehr finanzierbar sein“ erläuterte Hanke. Dabei müsse immer wieder klar sein, dass die Ursache für zu erwartende Einschnitte im Kreis Nordfriesland in der Kieler Regierungspolitik liegen: „Die Landesregierung und die Koalitionsfraktionen von SPD, Grünen und SSW müssen erkennen, welch verheerende Wirkung ihre Politik in der Fläche hat“, so Hanke.
Als Allererstes müsse der Kreis die zusätzlichen Mittel, die er im Rahmen der Grundsicherung vom Bund erhält und an die Gemeinden im Kreis in Höhe von 1,8 Mio. Euro verteilt habe, wieder zurückholen. Damit würden die kreisangehörigen Städte und Gemeinden schon die Hälfte ihrer in Aussicht gestellten Mehreinnahmen des neuen kommunalen Finanzausgleichs wieder verlieren. Wenn gleichzeitig die Kreisbeteiligung an den Betriebskosten der Kindertagesstätten auf ein Mindestmaß abgesenkt würde, würden die Mehreinnahmen im kreisangehörigen Bereich bereits vollständig aufgezehrt sein. Damit sei das Defizit im Kreishaushalt aber noch lange nicht abgedeckt.
Gefährdet sind nach Hankes Auffassung auch die freiwilligen Zuschüsse im sozialen Bereich, die im Kreishaushalt zurzeit mit 353.000 Euro zu Buche schlagen. Im Bereich des ÖPNV droht, dass der Kreis sich allein auf die zur Verfügung gestellten Kommunalisierungsmittel bzw. die Schülerbeförderung konzentriert und alle freiwilligen ÖPNV-Leistungen, wie z. B. das Nachttaxi, streicht. Dadurch könnten FAG-Mindereinnahmen in Höhe von 569.000 Euro kompensiert werden. Zur Disposition stünden auch Leistungen in der deutsch-dänischen Zusammenarbeit, in der Regionalentwicklung, die Elternschule oder die finanzielle Unterstützung des Kreises an der Familienbildungsstätte. Auch die freiwillige Beteiligung des Kreises an der Schülerbeförderung von Ersatzschulen und der dänischen Schulen könnten FAG-Mindereinnahmen in Höhe von 128.000 Euro kompensieren. Jugendarbeit mit knapp 400.000 Euro oder die Sportförderung mit zurzeit 200.000 Euro drohen ebenfalls, von den Kieler Regierungsplänen beeinträchtigt zu werden.
„Dies alles sind verheerende Aussichten für den Kreis Nordfriesland. Diese Kieler Politik ist ein Anschlag auf die Menschen in unserer Region. Diese Politik wird überall, in allen Gemeinden und Städten des Kreises massiv zu spüren sein. Dieser Gesetzentwurf darf nicht beschlossen werden“, forderte Tim Hanke.
Die Landtagsabgeordneten Damerow und Jensen appellierten insbesondere an ihren nordfriesischen SSW-Kollegen Lars Harms, sich den Plänen von Innenminister Breitner zu widersetzen. Schließlich habe die Koalition nur eine Stimme Mehrheit im Landtag. „Wenn Harms will, kann er diesen Unsinn verhindern“, so die CDU-Politiker. Wenn Lars Harms dem Anspruch des SSW als Regionalpartei für den Landesteil Schleswig gerecht werden wolle, dürfe er diesem Gesetzentwurf im Landtag niemals seine Stimme geben.
Dass die Landesregierung selbst vor Eingriffen in einen laufenden Haushalt nicht zurückschreckt, wird nach Auffassung der CDU-Politiker am aktuellen Gesetzentwurf der Landesregierung zum Sozialgesetzbuch XII deutlich. Damit wird die Finanzierung der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen in Schleswig-Holstein geregelt. Nachdem sich Land und kommunale Verbände in der Vergangenheit nicht auf ein Finanzierungsverfahren einigen konnten, will die Landesregierung jetzt einseitig Mittel kürzen und sieht mit ihrem Gesetzentwurf sogar Eingriffe in den laufenden Haushalt für 2014 vor. Demnach würde der Kreis Nord-friesland 1,1 Mio. Euro noch in diesem Jahr an Mindereinnahmen vom Land zu verzeichnen haben. „Das geht gar nicht“, waren sich die CDU-Politiker einig. Auch hier zeige die Landesregierung ihre kommunalfeindliche Handschrift. CDU-Kreisvorsitzender Ingbert Liebing: „Innenminister Breitner sollte als Kommunal-minister auch Sachwalter für kommunale Interessen in der Regierung sein. In dieser Hinsicht ist Breitner ein Totalausfall“, so Liebing.
Die CDU im Kreis Nordfriesland werde die kommenden Wochen nutzen, um intensiv über die Konsequenzen dieser Kieler Regierungspolitik aufzuklären. „Jeder muss wissen, welche Schäden mögliche Kieler Beschlüsse für uns in Nordfriesland haben. Die hier gewählten Landtagsabgeordneten der Kieler Koalitionsfraktionen Trauernicht, Harms und Tietze stehen in der Verantwortung, auch ihre regionale Verantwortung wahrzunehmen. Sie dürfen Nordfriesland nicht so plündern, wie sie dies zurzeit vorhaben“, forderten die CDU-Politiker abschließend.
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