Liebing: Bund stärkt die Kommunen – Landesregierung schwächt sie

16.09.2014

Über aktuelle Themen der Politik in Berlin und in Kiel mit Auswirkungen auf die Städte und Gemeinden referierte der Bundes- und Landesvorsitzende der Kommunalpolitischen Vereinigung der CDU (KPV), der CDU-Bundestagsabgeordnete für Nordfriesland und Dithmarschen Nord, Ingbert Liebing, MdB, am heutigen Dienstag, 16. September 2014, im Rahmen einer öffentlichen Informationsveranstaltung der Kommunalpolitischen Vereinigung der CDU im Kreisverband Schleswig-Flensburg.

Dabei stand insbesondere das von der SPD-geführten Landesregierung geplante neue kommunale Finanzausgleichsgesetz im Mittelpunkt. Liebing bezeichnete diesen Gesetzentwurf als „größten Angriff auf den ländlichen Raum seit Bestehen des Landes Schleswig-Holstein.“

Insgesamt sei die Lage der Kommunalfinanzen heute deutlich besser als noch vor wenigen Jahren. So konnten die Kommunen bundesweit im vergangenen Jahr einen Überschuss von über 1 Mrd. Euro erwirtschaften. Allerdings nehme die Spreizung zwischen armen und reichen Kommunen zu, steigende Sozialkosten führten zu immer weniger Investitionen. Angesichts dieser Entwicklung habe der Bund den Kommunen bereits geholfen.

Seit diesem Jahr übernimmt der Bund die Kosten der Grundsicherung im Alter vollständig. Das bedeutet allein für die Kommunen in Schleswig-Holstein eine Entlastung von 200 Mio. Euro. Mit dem Bundeshaushalt 2015, der in der vergangenen Woche erstmalig im Bundestag beraten wurde, sei eine weitere finanzielle Stärkung der Kommunen vorgesehen. In den kommenden drei Jahren sollen sie aus dem Bundeshaushalt jeweils 1 Mrd. Euro zusätzlich erhalten. Für Schleswig-Holstein bedeute dies 31 Mio. Euro Mehreinnahmen, die den Städten und Gemeinden zufließen sollen. Ab 2018 ist ein Aufwuchs dieser Mittel auf 5 Mrd. Euro bundesweit vorgesehen.

„Mit dieser Politik unterstreicht die große Koalition in Berlin ihren Willen, alles Mögliche zu tun, um eine leistungsfähige kommunale Selbstverwaltung zu unterstützen. Wir tun dies, obwohl eigentlich nach dem Grundgesetz die Länder in der Verantwortung für die aufgabengerechte Finanzausstattung der Kommunen sind“, erklärte Ingbert Liebing.

In diesem Zusammenhang warf Liebing der Landesregierung in Kiel eine „unvertretbare kommunalfeindliche Politik“ vor. Der Innenminister, der eigentlich als Kommunalminister Sachwalter für die Kommunen in der Landesregierung sein solle, werde dieser Aufgabe überhaupt nicht gerecht. Auf schamlose Weise greife die Landesregierung in die kommunalen Kassen. Von den Bundesmitteln, die durch die Übernahme der Grundsicherung durch den Bund nach Schleswig-Holstein fließen, greife die Regierung ca. 50 Mio. Euro für die Landeskasse ab, obwohl dieses Geld eigentlich den Kommunen gehöre. Auch von den weiteren geplanten Entlastungen für die Kommunen plane die Landesregierung Abzüge in die Landeskasse. Liebing bezeichnete dies als „glatten Betrug“, der auch in Berlin schädlich wirke. Wenn nicht gewährleistet sei, dass die Mittel, die der Bund den Ländern zur Weiterleitung an die Kommunen zur Verfügung stellt, dort tatsach-lich ankommen, sinke die Bereitschaft, weitere Mittel zur Verfügung zu stellen.

Besonders hart ging Liebing mit dem Gesetzentwurf von Innenminister Breitner zum kommunalen Finanzausgleich ins Gericht. Der Gesetzentwurf wird zurzeit im Schleswig-Holsteinischen Landtag beraten und soll im November beschlossen werden. Mit diesem Gesetzentwurf breche die Landesregierung ihre eigenen Wahlversprechen: Sowohl Ministerpräsident Albig wie die Koalitionsfraktionen im Kieler Landtag hätten vor der Wahl versprochen, die Kürzung des kommunalen Finanzausgleichs zugunsten der Landeskasse um jährlich 120 Mio. Euro wieder zurückzunehmen. Tatsächlich werde jetzt das Gegenteil getan. Mit dem Gesetzentwurf werde die Kürzung in das Dauerrecht überführt und der Verbundsatz prozentual gekürzt. Aus einer absoluten Kürzung um jährlich 120 Mio. Euro wird dadurch eine jährlich aufwachsende Kürzung. „Versprochen – gebrochen“ sei das Motto dieser Landesregierung.

Besonders schädlich wirke sich das Finanzausgleichsgesetz für den ländlichen Raum aus. Ins-gesamt müssten die Landkreise und die kreisangehörigen Städte und Gemeinden 23 Mio. Euro abgeben, die in die vier kreisfreien Städte Kiel, Lübeck, Neumünster und Flensburg fließen sollen. Damit seien die Kommunen im ländlichen Raum künftig nicht mehr in der Lage, ihre Aufgaben ordnungsgemäß wahrzunehmen. Insbesondere die Herausforderungen des demografischen Wandels, die den ländlichen Raum besonders treffen, seien damit nicht zu bestehen. Breitband-versorgung, Versorgung mit Schulen und Kindergärten auf dem Lande, gesundheitliche Versor-gung oder die Unterhaltung von Straßen und kommunalen Liegenschaften würden leiden.

Der Gesetzentwurf werde auch den eigenen Ansprüchen nicht gerecht. So sei immer das Argument von Innenminister Breitner gewesen, das Geld solle dorthin fließen, wo auch die Aufgaben und der Bedarf seien. Tatsächlich sei es aber so, dass gerade die ländlichen Zentralorte Geld verlieren, während finanzstarke Kommunen noch mehr Geld bekommen. So sei nicht einzusehen, warum z. B. in Nordfriesland die Kleinstgemeinde Norderfriedrichskoog mit 43 Einwohnern mit 658.000 Euro fast genauso viel Geld zusätzlich bekommen soll, wie die Kreisstadt Husum mit 659.000 Euro bei über 20.000 Einwohnern. Auch im Kreis Schleswig-Flensburg seien ländliche Zentralorte wie Erfte (-59.000 Euro), Silberstedt (-43.000 Euro), Gelting (-60.000 Euro) oder Schafflund (-66.000 Euro) die Verlierer des Gesetzentwurfes. Insgesamt würden der Kreis Schleswig-Flensburg und die kreisangehörigen Städte und Gemeinden jährlich 2,3 Mio. Euro weniger aus dem kommunalen Finanzausgleich erhalten als bisher.

Liebing erwartet einen „heißen Herbst“ in der Auseinandersetzung um dieses Gesetz. „Es muss in jedem Dorf und in jeder Stadt deutlich werden, welche verheerenden Wirkungen dieser Gesetzentwurf für die Kommunen in Schleswig-Holstein hat. Den kreisfreien Städten helfen diese Gelder nicht, um aus ihrem tiefen Loch heraus zu kommen. Aber im gesamten Rest des Landes fehlt das Geld, damit dort die originären Aufgaben wahrgenommen werden können. Diese Politik ist einfach Murks“, erklärte der CDU-Politiker abschließend.